Bei der thermischen Klärschlammbehandlung sind verschiedene rechtliche Begriffsdefinitionen zu beachten, die sowohl Einfluss auf die verfahrenstechnische Umsetzung als auch die mögliche weitere Nutzung der erzeugten Stoffe (Klärschlammasche oder kohlenstoffhaltiger Rückstand) im Rahmen der Behandlung bzw. für die zukünftig erforderliche Phosphorrückgewinnungspflicht haben können. Begriffsdefinitionen finden sich aktuell bereits in der Deponieverordnung in § 2 Nr. 19, 19a und 20 und werden zukünftig auch in der Klärschlammverordnung (als § 2 Abs. 11 a und b in der zum 01.01.2029 in Kraft tretenden Version) aufgenommen.
Grundsätzlich wird nach dem Zweck der Anlage und der Form der thermischen Behandlung unterschieden, wobei auch der Einfluss der bzw. auf die zukünftig erforderliche Phosphorrückgewinnung beachtet werden sollte.
Wichtig
Die Begriffe "Klärschlammverbrennung" und "Klärschlammmitverbrennung" in der Klärschlammverordnung legen nicht dar, ob andere Abfälle oder Stoffe neben Klärschlamm ebenfalls "mit"verbrannt werden, sondern orientieren sich - aufgrund der Verweise auf die Begriffsbestimmungen der 17. BImSchV - vielmehr am grundsätzlichen Zweck der Anlage (s.o.).
Auch in einer Klärschlammverbrennungsanlage könnten daher theoretisch andere Abfälle/Stoffe ebenfalls eingesetzt werden, die Klärschlammverordnung in der zum 01.01.2029 in Kraft tretenden Fassung legt zumindest im Wortlaut keine konkrete Einschränkung der Zulässigkeit anderer Einsatzstoffe fest. Es empfiehlt sich jedoch bereits in den Anfangsplanungsphasen einer Anlagenplanung auch die sonstigen Vorgaben und Rahmenbedingungen hinsichtlich einer späteren Phosphorrückgewinnung zu berücksichtigen, z. B. hinsichtlich der zu erreichenden Rückgewinnungsquote, oder möglicher Einschränkung der Verwertbarkeit als/in Düngemitteln bei Einsatz nicht düngemittelrechtskonformer anderer Stoffe etc. Bei der Klärschlammmitverbrennung regelt die Klärschlammverordnung, dass diese nur gas- oder kohlebefeuert sein darf.
Form der thermischen Behandlung: erzeugte Stoffe
- Klärschlammasche entsteht in Anlagen, die eine "konventionelle" Verbrennung umsetzen
- kohlenstoffhaltiger Rückstand entsteht in Anlagen "vergleichbarer thermischer Verfahren" wie Vergasung, Teilverbrennung und thermische Behandlungsverfahren mit indirekter Beheizung des Behandlungsreaktors oder eine Kombination daraus
Wichtig
Klärschlammasche ist ein in der Düngemittelverordnung grundätzlich zulässiger Stoff zum Einsatz als Düngemittel bzw. als Ausgangsstoff für die Herstellung eines Düngemittels.
Andere erzeugte Stoffe wie z. B. Karbonisate hingegen wären dem übergeordneten Begriff "kohlenstoffhaltiger Rückstand" zuzuordnen und sind nicht als Düngemittel gem. DüMV zugelassen!
Phosphorrückgewinnung
- Klärschlämme (die nicht bodenbezogen verwertet werden/werden dürfen) mit einem Phosphorgehalt von mind. 20 g P/kg TM Klärschlamm müssen zukünftig (ab 2029) einer Phosphorrückgewinnung unterzogen werden; für Klärschlämme aus kleineren Kläranlagen bestehen Ausnahmeoptionen, die allerdings die Zustimmung der zuständigen Behörde erfordern werden
- dies kann wahlweise über eine Phosphorrückgewinnung aus dem Klärschlamm erfolgen oder indem die Klärschlämme einer thermischen Behandlung in eine Klärschlammverbrennungsanlage oder -mitverbrennungsanlage (wobei diese nur gas- oder kohlebefeuert sein darf) zugeführt werden, wobei die Betreiber derartiger Anlagen dann eine anschließende Phosphorrückgewinnung aus der Asche/dem kohlenstoffhaltigen Rückstand umsetzen oder die Asche/den kohlenstoffhaltigen Rückstand einer stofflichen Verwertung unter Nutzung des Phosphorgehalts zuführen müssen (z.B. durch direkten Einsatz als (Ausgangsstoff) für ein Düngemittel)
→ Weitere Informationen zum Thema Phosphorrückgewinnung finden Sie in unserem Themenschwerpunkt "Phosphorrückgewinnung"
Wichtig
Die ab 2029 geltende Phosphorrückgewinnungspflicht betrifft zunächst alle Klärschlämme mit einem Phosphorgehalt von mind. 20 g P/kg TM., sofern diese nicht bodenbezogen verwertet werden (dürfen).
Ausnahmen sind nur mit Zustimmung der zuständigen Behörden (in Bayern: Kreisverwaltungsbehörden) möglich.
Zudem sind diese Ausnahmen nur für Klärschlämme aus Abwasserbehandlungsanlagen bis zu 100.000 EW (2029-2031) bzw. 50.000 EW (ab 2032) möglich.
Die folgende Grafik gibt eine Übersicht über mögliche Verwertungswege und Beschränkungen im Hinblick auf die Erfüllung/Erfüllbarkeit der Phosphorrückgewinnungspflichten wieder (klicken Sie auf das Bild für eine vergrößerte Ansicht).
Eine thermische Behandlung von Klärschlamm findet derzeit überwiegend in Klärschlammmonoverbrennungsanlagen (also in Anlagen, in denen ausschließlich Klärschlamm verbrannt wird) oder im Rahmen einer "Mitverbrennung" in Zementwerken, Kohlekraftwerken und Müllheizkraftwerken statt.
Mitverbrennung in Kohlekraftwerken
- auch die Mitverbrennung in Kohlekraftwerken ist weit verbreitet
- in Bayern erfolgt die Mitverbrennung in Kohlekraftwerken derzeit an zwei Standorten
- Schweinfurt (Unterfranken)
- Zolling (Oberbayern)
- bis zum endgültigen Kohleausstieg ist auch eine Mitverbrennung in Kohlekraftwerken geeignet, die ab 2029 geltenden Phosphorrückgewinnungspflichten zu erfüllen, da eine gas- oder kohlebefeuerte Klärschlammmitverbrennung nach Klärschlammverordnung ebenfalls zulässig ist; zwar weist Kohle einen deutlich geringeren Aschegehalt als Klärschlamm auf, fraglich ist hierbei aber dennoch der anschließende technische Aufwand für eine Rückgewinnung aufgrund der Verdünnung durch die Asche aus dem Kohleanteil, da i.d.R. in Kohlekraftwerken nur zu einem vergleichsweise geringen Mengenanteil Klärschlamm mitverbrannt wird
Mitverbrennung in Zementwerken
- aufgrund der stofflichen Zusammensetzung ist auch eine Mitverbrennung in Zementwerken gut geeignet, da hiermit sowohl ein Ersatz sonst erforderlicher Rohstoffe erfolgen kann als auch ein Anteil an der Energiebereitstellung für den Prozess erfolgt
- eingesetzt wird v.a. getrockneter Klärschlamm, teilweise wird an einzelnen Standorten auch entwässerter Klärschlamm angenommen, der vor Ort an den Zementwerken unter Abwärmenutzung getrocknet wird
- allerdings ist hierbei keine Phosphorrückgewinnung möglich, sodass nach Möglichkeit nur phosphorarme Klärschlämme eingesetzt werden sollten oder vorab eine Rückgewinnung aus dem Klärschlamm erfolgen sollte
- i.d.R. ist die Einsatzfähigkeit v. a. bei hohen Gehalten an Phosphor oder bestimmten Schwermetallen (z. B. Quecksilber) aber ohnehin nur eingeschränkt möglich
Mitverbrennung in Müllheizkraftwerken
- auch in Müllheizkraftwerken wird Klärschlamm mitverbrannt, zumeist zum Ausgleich heizwertreicher Fraktionen
- allerdings ist hierbei keine Phosphorrückgewinnung möglich, sodass nach Möglichkeit nur phosphorarme Klärschlämme eingesetzt werden sollten oder vorab eine Rückgewinnung aus dem Klärschlamm erfolgen sollte
- in Bayern wird Klärschlamm an einzelnen Müllheizkraftwerken mitverbrannt, dies ist allerdings nicht an allen Standorten mit Müllverbrennungsanlagen möglich, da hierfür sowohl die entsprechenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vorliegen müssen als auch die technische Umsetzbarkeit (Anlieferzone, Zuführung in die Verbrennung etc.) gegeben sein müssen
Eignung der Verwertungswege im Hinblick auf eine ggf. vorliegende P-Rückgewinnungspflicht
Sofern eine Phosphorrückgewinnungspflicht besteht, kann diese wahlweise aus dem Klärschlamm oder der Klärschlammasche/dem kohlenstoffhaltigen Rückstand erfolgen.
Einschätzung der Eignung der Verwertungswege bei vorliegender Phosphorrückgewinnung:
- Bei der Zuführung zu Zementwerken und Müllheizkraftwerken ist zu beachten, dass diese bereits vor der Zuführung zu diesem Verwertungsweg erfüllt werden muss, da eine Rückgewinnung danach nicht mehr möglich ist.
- Beim Einsatz von alternativen Verfahren bei der Klärschlammverbrennung, bei denen ein kohlenstoffhaltiger Rückstand anfällt, sind bislang keine Rückgewinnungsverfahren bekannt. Ein direkter Einsatz als Düngemittel ist derzeit nicht möglich, daher ist die Erfüllbarkeit der Phosphorrückgewinnung derzeit nicht final bewertbar.
- Eine Rückgewinnung aus der Asche bei der gemeinsamen Verbrennung von Klärschlamm und Kohle wäre zwar aus rechtlicher Sicht möglich, dürfte aber aufgrund der geringen Einsatzmengen von Klärschlamm bei einer Mitverbrennung in Kohlekraftwerken (i.d.R. unter 5%) allerdings im Regelfall nicht wirtschaftlich umsetzbar sein.
Anlagen in Bayern
Hier finden Sie eine Übersicht der thermischen Behandlungsanlagen für Siedlungsabfall und Klärschlamm in Bayern inkl. Links zu den jeweiligen Überwachungs- und Emissionsjahresberichten auf der Homepage des Bayerischen Landesamts für Umwelt.